Suche

Der Begriff der Primärversorgung reicht weit über den der hausärztlichen Versorgung im SGB V verankerten Ausgestaltung hinaus

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) nimmt Stellung zu den Vorschlägen der Robert-Bosch-Stiftung zur Primärversorgung mittels sogenannter lokaler Gesundheitszentren und fordert die Aufgabe von Budgetierung und Budget-Denken in der medizinischen Versorgung

Die Robert-Bosch-Stiftung hatte mit Blick auf eine umfassende Zukunftsagenda für das deutsche Gesundheitssystem mit dem Gutachten „Gesundheitszentren für Deutschland – Wie ein Neustart in der Primärversorgung gelingen kann“ die Etablierung und Förderung von Gesundheitszentren vorgeschlagen, welche die heute im SGB V verankerte Ausgestaltung und Finanzierung einer primärärztlichen Versorgung deutlich in Frage stellt.

Dabei ist die Altersentwicklung niedergelassener Haus- und Fachärzte grundsätzlich sehr ähnlich: Bei den Hausärzten sind 36% über 60 Jahre alt und 76,6% über 50 Jahre alt. Bei den Fachärzten sind 31,6% über 60 Jahre alt und 78,3% über 50 Jahre alt. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten 10 Jahren mehr als ein Drittel der derzeit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in den Ruhestand gehen werden. Eine Analyse des DIFA im Auftrag des SpiFa e.V. zeigt aber auch, dass zwischen 2013 und 2019 trotz einer abnehmenden Arztzahl ein höherer Leistungsbedarf abgearbeitet wurde.

Der SpiFa setzt sich dafür ein, dass die am Patientenwohl orientierte Vergütung ärztlicher Tätigkeit diesen höheren Leistungsbedarf auch honoriert und die ärztlichen Leistungen vollständig entbudgetiert werden. So richtig und wichtig Impulse wie diese der Robert-Bosch-Stiftung sind, so verschweigen sie aber auch, dass bereits heute große Teile einer ärztlichen Primärversorgung durch viele Fachärztinnen und Fachärzte in der Grundversorgung übernommen werden. Dies ist schlichtweg darauf zurückzuführen, dass allein die Kopfanzahl im Bereich der Allgemeinmedizin stetig weiter abnimmt und diese daher die primärärztliche Versorgung nicht mehr alleine sicherstellen können. Analysen des SpiFa e.V. zeigen zudem, dass Fachärzte einen Großteil der zunehmenden Morbiditäts- und Krankheitslast der Versicherten auffangen; im Vergleich zur hausärztlichen Versorgungsebene um das 2,3-fache.

„Wir appellieren an den Gesetzgeber, einen Paradigmenwechsel für die in der Versorgung tätigen Fachärzte effektiv zur Geltung zu bringen. Die Sicherung einer ärztlichen Primärversorgung ist und bleibt Aufgabe einer zukunftsweisenden Honorarpolitik. Honorarpolitik ist dabei immer gleichzeitig Strukturpolitik. Ob die gemeinsame Selbstverwaltung dies in der Zukunft selbst lösen können wird, ist zumindest mehr als fraglich. Die Politik wird auch in Zukunft gefordert sein, der Freiheit der Ärztinnen und Ärzte, ob in Niederlassung oder in Anstellung, weniger Steine in den Weg zu legen und den Beitrag der Fachärzteschaft zur Bewältigung der steigenden Morbiditätslast der Versicherten zu würdigen.“ so Lars F. Lindemann, Hauptgeschäftsführer des SpiFa weiter mit Blick auf die anstehende Legislaturperiode nach der Bundestagswahl 2021.

Bereits 2017 hatte der SpiFa vorgeschlagen, grundsätzlich feste Preise ohne Mengenbegrenzung für alle ärztlichen Leistungen vorzusehen: Als Einstieg sind dafür alle relevanten Betreuungs- und Koordinationsleistungen sowie die Leistungen, die mit der pauschalierten fachärztlichen Grundvergütung belegt sind, aus der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) herauszunehmen und in die Extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV) zu überführen.

Ein erster Schritt ist hierbei mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gelungen und kann als Einstieg in die Entbudgetierung ärztlicher Leistungen angesehen werden. Zuletzt wurden diese Erfolge aber durch die Verabschiedung des Gesundheitsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) am 11. Juni 2021 auf Betreiben der gesetzlichen Krankenkassen und Unterstützung durch die Bundesregierung wieder zurückgenommen bzw. werden teilweise rückgängig gemacht.

Alle Forderungen zur anstehenden Bundestagswahl 2021 hat der SpiFa in seinem Grundsatzprogramm „Facharzt 2025. Gemeinsam in Klinik und Praxis.“ unter www.MeinFacharztMeineWahl.de zusammengefasst.