Der zweite Klausurtag startete mit einem Gastvortrag des frisch erneut gewählten unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses Professor Josef Hecken. Hecken bemängelte darin die zunehmende Übergriffigkeit des Staates in mehr und mehr Bereiche der Selbstverwaltung. So würden richtungsweisende Entscheidungen immer öfter per Rechtsverordnung über die Selbstverwaltung hinweg getroffen, ohne dass diejenigen gehört würden, die diese Entscheidungen in der Praxis später umsetzen müssten.
Darüber hinaus sprach Hecken über die politische Marschrichtung der Ampelkoalition und von Gesundheitsminister Lauterbach. Es sei deutlich zu erkennen, dass die Politik von einer zunehmenden Verstaatlichung der medizinischen Versorgung und einer zunehmenden Verortung von medizinischen Leistungen im stationären Bereich geprägt sei. „Damit wird ausgerechnet der teuerste Bereich unseres Gesundheitswesens gestärkt und finanziert,“ so Hecken.
Zentrale Fragestellung der Klausur war die Zukunft des freien Berufes der Ärztin bzw. des Arztes. Die vom SpiFa-Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Heinrich eröffnete und angeleitete Diskussionsrunde widmete sich insbesondere den Fragestellungen rund um die Notwendigkeit und die gesellschaftliche Verpflichtung von Kassenärztinnen und -ärzten. Er kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere den Umgang der Politik mit der Ärzteschaft und der Selbstverwaltung und das expertokratische Vorgehen des Bundesgesundheitsministers bei Reformen. „Ärztinnen und Ärzte stehen täglich in einem Interessensgeflecht zwischen Erwartungen der Bevölkerung, dem Anspruch an ihren eigenen Berufsethos und strukturellen Erwartungen der Politik. Dazwischen müssen sie täglich abwägen und Entscheidungen treffen. Ärztinnen und Ärzte sind keine Maschinen und medizinische Behandlungen sind individuelle Leistungen, die von Menschen an Menschen erbracht werden. Der freie Beruf Ärztin oder Arzt passt in keine Excel-Tabelle!“ so Heinrich. Darüber hinaus kritisierte er die Mutlosigkeit von Politikerinnen und Politikern. „Statt am unbegrenzten Leistungsversprechen fest zu halten, wäre es an der Zeit, dass die politischen Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung reinen Wein über die Versorgungslage einschenken und unliebsame Entscheidungen treffen, die der Bevölkerung auch etwas zumuten,“ so Heinrich weiter.
Weitere Themen waren entsprechend das „unbegrenzte Leistungsversprechen der Politik sowie Fragestellungen rund um das Thema „Ambulantisierung und Hybrid DRG“. Hierzu werden der SpiFa und seine Mitgliedsverbände der Aufforderung des Gesundheitsministeriums nachkommen und bis Ende des Monats ihre Stellungnahme zu den aktuellen Gesetzesentwürfen formulieren.