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MFA: der Goldstaub der Praxis

Ohne Medizinische Fachangestellte (MFA) funktioniert eine Arztpraxis nicht. Weder medizinisch noch organisatorisch. Die Gesundheitsleistungen, die in einer Praxis angeboten werden, sind immer eine Teamleistung, hier kümmern sich Ärztinnen und Ärzte gemeinsam mit dem medizinischen und nichtmedizinischen Fachpersonal um die Patientenversorgung. Nacheiner SpiFa-internen Umfrage beschäftigen drei Viertel der Facharztpraxen mindestens vier oder mehr nichtärztliche Fachkräfte.

Wie wichtig die Präsenz und der Einsatzwillen der MFA sind, hat nicht zuletzt die Patientenversorgung während der Pandemie eindrücklich bewiesen: In dieser medizinischen Krisensituation wurden neun von zehn Patienten in der ambulanten Versorgung behandelt. Auch das Impfgeschehen während der Pandemie wäre ohne ambulante Strukturen und den Einsatz der MFA nicht denkbar gewesen. Die MFA waren und sind in der Pandemiezeit sogar doppelt belastet: zum einen durch die hohe psychische Belastung, die Angst, sich anzustecken und selber zu erkranken, anfänglich sogar noch ohne Möglichkeit der Impfung. Und andererseits durch die enorme Mehrarbeit während der Pandemiezeit: während andere Menschen sich in Kurzarbeit befanden oder zumindest die Möglichkeit hatten, sich im Homeoffice zu isolieren und zu schützen und den Pandemie-Alltag zu meistern, hieß es für MFA oft Überstunden, Wochenendarbeit, häufiger für erkrankte Kollegen einzuspringen.


Da ist es schon ein Hohn und ein Schlag ins Gesicht der MFA, wenn ihnen die Bundesregierung einen Bonus verweigert, den sie in Anbetracht ihrer Leistungen während der Pandemie mehr als verdient hätten. Diese Verweigerungshaltung der Ampelkoalition ist das eindeutig falsche Signal. Es macht insbesondere das Berufsbild nicht attraktiver und das in einer Phase des stetig wachsenden Fachkräftemangels, der inzwischen ein bedrohliches Ausmaß angenommen hat und sich in den kommenden Jahren noch verschärfen wird.


Die Ampelkoalition hält im Koalitionsvertrag fest, dass in Zukunft stationäre Leistungen soweit wie möglich ambulant erbracht werden sollen. In der letzten Zeit allerdings wurde der Prämisse „ambulant vor stationär“ scheinbar nur wenig oder gar überhaupt keine spürbare Bedeutung beigemessen. In diesem Zusammenhang schenkt die gesamte Gesundheitspolitik derzeit auch der personellen Situation in der ambulanten Medizin viel zu wenig Beachtung. Zu wenig verfängt auch die Tatsache, dass den MFA heute oftmals eine attraktivere Tätigkeit in Krankhäusern winkt.


Hier muss die Gesundheitspolitik unbedingt ihren Fokus verlagern und für eine Förderung und Aufwertung des Berufes in der ambulanten Struktur sorgen. Dazu gehört auch ein deutliches Signal der Wertschätzung fernab von Lippenbekenntnissen! Aber auch auf der Arbeitsmarktebene muss sich etwas tun: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat bereits 2019 eine „Ausbildungsoffensive Pflege“ gestartet, mit welcher gut ausgebildete und engagierte Pflegefachkräfte für das Berufsfeld gewonnen werden sollen. Derartige weitreichende Kommunikationsmaßnahmen sucht man seitens der Politik für das Berufsbild der MFA, den Goldstaub jeder Praxis, vergeblich. Hier bleiben die KVen und Berufsverbände sich selbst überlassen.


Dieselbe Forderung gilt aber auch für die Medien. Beim Thema Fachkräftemangel gilt die Aufmerksamkeit oftmals Dienstleistungsberufen, die unseren Alltag bestimmen: Gastronomie, Sicherheitspersonal an Flughäfen, Personal in der Verkehrsinfrastruktur. Das sind sicher auch Bereiche, denen Beachtung geschenkt werden muss. Der Bereich Gesundheit und Pflege kommt aber oftmals zu kurz, sofern er überhaupt Erwähnung findet, und beschränkt sich dann auf Themen wie Versorgung im Alter, häusliche Pflege und Pflegekräftemangel. Die Belastung und Bedrohung der ambulanten Strukturen werden hingegen nur selten thematisiert. Da muss sich etwas ändern. Ambulante Strukturen sind systemrelevant und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch. Wir würden uns wünschen, dass die Medien dieser Tatsache mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung widmeten.

Autor: Dr. med. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa

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