„Die Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands sind empört über die Scheinheiligkeit, mit welcher die Bundesregierung den Bürgern vorgaukeln will, es werde keine Leistungskürzungen im Gesundheitswesen geben,“ so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa. „Fakt ist aber, dass mit diesem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz und weiteren von der Bundesregierung vorgesehenen Einschränkungen in vielen Arztpraxen ein Aufnahmestopp für Neupatienten und längere Wartezeiten auf einen Facharzttermin unvermeidlich sind. Und das bedeutet Leistungskürzungen und damit eine klare Verschlechterung der Versorgung von Patienten in Deutschland.“
Vollkommen unverständlich ist ferner die Behauptung des Bundesgesundheitsministers, die Regelung der Neupatienten hätte sich nicht bewährt, bzw. es sei nicht nachvollziehbar, ob die abgerechneten Neupatienten tatsächlich Neupatienten seien. „Da hat Herr Lauterbach schlichtweg seine Hausaufgaben nicht gemacht, die aktuellen Datenerhebungen hierzu zeichnen ganz deutlich ein anderes Bild“, so Heinrich weiter. Aktuelle Auswertungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland zeigen unter anderem, dass mehr als jeder vierte gesetzlich versicherte Patient von der Regelung begünstigt wurde und die Anzahl der Neupatienten im vierten Quartal 2021 gegenüber dem vierten Quartal 2019 um 12 Prozent gestiegen ist. Der Anteil der Neupatienten an allen Patienten stieg dabei um 7,5 Prozent.
Dr. Helmut Weinhart, stellvertretender 2. Vorstandsvorsitzender des SpiFa ergänzt: „Obendrein nimmt die Bundesregierung nun auch noch die offene Sprechstunde in der fachärztlichen Versorgung ins Visier. Mit entsprechenden Vorschriften zur Bereinigung des Honorars werden alle Fachärztinnen und Fachärzte bestraft, die sich um Patienten in der offenen Sprechstunde kümmern. Dies ist nicht nur gesetzgeberisch handwerklicher Murks, sondern wird auch zu einer Ruhestandswelle in der ambulanten Versorgung führen.“
SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider mahnt indes die Verlässlichkeit der Bundesregierung und des Bundesgesundheitsministers an: „Herr Lauterbach war maßgeblich an der Entwicklung des TSVG beteiligt. Dass er nun seine eigene von ihm mitentworfene Regelung auseinanderpflückt, ist ein weiteres Beispiel dafür, mit welcher Unstetigkeit er Gesundheitspolitik betreibt.“
„Wie kann es sein, dass man uns Ärztinnen und Ärzten zunächst eine schlechte und veraltete digitale Infrastruktur aufzwängt und im Anschluss verlangt, dass wir uns an den Kosten für einen Austausch von Elektronikschrott beteiligen sollen, der nur deshalb nötig ist, weil die gematik ihre eigenen Termine nicht halten kann,“ so Dr. Helmut Weinhart, 2. stellvertretender Vorsitzender des SpiFa-Vorstands. „In Anbetracht der derzeitigen Diskussionen über ein Milliardendefizit in der gesetzlichen Krankenversicherung dafür geschätzte 350 Millionen Euro auszugeben, ist der blanke Irrsinn.“
Unklar ist inzwischen auch, inwieweit ein kompletter Austausch der Konnektoren überhaupt notwendig ist. Nach einem entsprechenden Versuch und zugehöriger Berichterstattung des Computermagazins c’t ließen sich ggf. die Gesamtkosten für ein Update der Sicherheitszertifikate deutlich senken. „Wir fordern, dass die KBV da noch einmal nachhakt und werden auch die Antworten der gematik kritisch analysieren, da hier nach aktuellen Aussagen ein immenses Einsparpotential liegt,“ so Weinhart weiter.
SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider betont den grundsätzlichen Digitalisierungs- und Investitionswillen der Ärzteschaft: „Ärztinnen und Ärzte sind keine Digitalisierungsfeinde. Im Gegenteil. Sie sind bereit und willens, ihre Praxen zu digitalisieren und fit für die Zukunft zu machen und dafür auch Geld zu investieren. Dabei setzen sie aber auf digitale Lösungen mit einem deutlichen Nutzen für Patienten und den Betrieb der eigenen Praxis.“
Der SpiFa erhebt derzeit Daten bei seinen Mitgliedsverbänden zu diesem Thema im Rahmen einer Umfrage „Digitalisierung in der Arztpraxis und ihre Kosten“. Erste Ergebnisse sind etwa Mitte August zu erwarten.
An der Umfrage teilnehmen: https://umfrage.sanakey-portal.de/index.php?r=survey/index&sid=289589&lang=de
Mit dem TSVG-Paket sollte ein Anreiz geschaffen werden, mehr Termine zur Verfügung zu stellen und mehr Neupatienten aufzunehmen. Gleichzeitig wurde die Sprechstundenzeit für Ärztinnen und Ärzte im Bundesmantelvertrag für Ärzte und in der Zulassungsverordnung für Ärzte auf 25 Stunden erhöht.
Hierzu Dr. Dirk Heinrich, SpiFa-Vorstandsvorsitzender: „Die Beendigung der Budgetierung für bestimmte Patientengruppen, um Leistungen zu verbessern und mehr Termine anbieten zu können, wurde mit dieser Erhöhung der Sprechstundenzeit von der Ärzteschaft als Paketlösung quasi gegenfinanziert. Wenn Herr Lauterbach sich nun entschließt, dieses Gesamtpaket aufzuschnüren, dann muss er auch diese Erhöhung in gleichem Maße zurücknehmen. Dies findet sich aber nicht in seinem Gesetz und seiner Begründung. Das kommt für uns einem Vertragsbruch gleich.“
Die Ärztinnen und Ärzte in den Praxen fragen sich, warum es an dieser Stelle keinen Vertrauensschutz gibt. „Wir haben im Vertrauen auf dieses Gesetz Investitionen getätigt und Personal eingestellt und jetzt soll alles nicht mehr gelten. Wer so mit uns Ärztinnen und Ärzten umgeht, zeigt, dass er vor unserer Leistung überhaupt keinen Respekt hat. Wir sind nach wie vor entsetzt über diese Pläne und warnen vor den ernsten Konsequenzen für die Versorgung von Patientinnen und Patienten,“ so Heinrich weiter.
Auch SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider mahnt die Verlässlichkeit der Bundesregierung und des Bundesgesundheitsministers an: „Herr Lauterbach war maßgeblich an der Entwicklung des TSVG beteiligt. Dass er nun seine eigene von ihm mitentworfene Regelung auseinanderpflückt, ist ein weiteres Beispiel dafür, mit welcher Unstetigkeit hier Gesundheitspolitik betrieben wird. Statt endlich dringend notwendige strukturelle Reformen – auch in der Gesundheitsfinanzierung – anzustoßen, wird hier Flickschusterei betrieben. Das ist weder nachhaltig noch vertrauensbildend. Deutschlands Fachärztinnen und Fachärzte verlieren die Geduld.“
Die aktuelle Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz zu streichen, sorgt für Kopfschütteln beim Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa).
„Wir benötigen bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung eine nachhaltige grundsolide Reform. Aber anstatt eines großen Aufschlages stürzt sich Herr Lauterbach lieber aufs Kleinklein und sendet damit ein falsches Signal an Patienten und die Ärzteschaft“, so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa.
Mit der Abschaffung der Neupatientenregelung wird am falschen Ende gespart. „Das geht vor allem zu Lasten der Patienten, die nun Dank Herrn Lauterbach wieder länger auf einen Termin warten müssen. Das sind faktisch Leistungskürzungen,“ so Heinrich weiter. „Dabei hatte doch die Einführung des TSVG viele positive Effekte für die Patientenversorgung nach sich gezogen.“
Der Wegfall der Neupatientenregelung kommt für die Fachärzteschaft einer Verschärfung der Budgetierung gleich. Heinrich hierzu: „Das wird die ohnehin schon massiven Probleme in der medizinischen Grundversorgung weiter verschärfen: die Bereitschaft zur Niederlassung wird weiter sinken, insbesondere auch in prekären Versorgungsgebieten, die Bereitschaft von Fachärztinnen und Fachärzten, früher in den Ruhestand zu gehen, wird steigen.“ Auch hier indirekt die Folge für Patienten: weniger Termine, längere Wartezeiten, Leistungskürzungen.
Problematisch sieht der SpiFa auch, wie mit den Bereinigungseffekten für bisher erbrachte Leistungen umgegangen werden soll. Hierzu Heinrich: „Erst müssen Fachärztinnen und Fachärzte aufgrund der Budgetierung von Leistungen auf einen Teil ihrer Honorare verzichten, dann wird ihnen eine Möglichkeit eröffnet, extrabudgetär zu praktizieren und im Nachhinein sollen diese Leistungen dann doch wieder ins Budget fallen. Das ist Betrug an der Fachärzteschaft. So geht es nicht!“
Die Länder betrachten mit Sorge die Entwicklungen in der deutschen Gesundheitsversorgung: investorengetragene MVZ sind kein Einzelfall mehr und keine Stilblüte der zahnärztlichen Versorgung. Tatsächlich überwiegt ihr Anteil bereits über viele Facharztgruppen hinweg – mit steigender Tendenz.
„Hier ist zügiges Handeln seitens des Gesetzgebers gefragt,“ so der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Dirk Heinrich. „Wir brauchen in Deutschland mehr denn je Investitionen in die Versorgungsstrukturen. Diese müssen aber von einer nachhaltigkeitsgetriebenen Orientierung an Gemeinwohlinteressen anstatt dem kurzfristigen Ziel einer möglichst hohen Rendite getrieben sein. Und dafür brauchen wir klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Nur so kann eine allumfassende Patientenversorgung langfristig sichergestellt und die Freiheit ärztlicher Entscheidungen, was Diagnose und Therapie betrifft, geschützt werden.“
Der SpiFa stellt in diesem Zusammenhang weitere konkrete Forderungen. Dazu gehören beispielsweise die Verpflichtung, dass die Leitung eines medizinischen Versorgungszentrums stets einem zugelassenen Vertragsarzt bzw. Vertragsärztin obliegen muss. Heinrich hierzu: „Damit könnte zumindest im Ansatz sichergestellt werden, dass unternehmerische Entscheidungen aufgrund von medizinischen und nicht rein ökonomischen Prinzipien getroffen werden.“
Darüber hinaus fordert der SpiFa die Erstellung eines durch GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung und Deutsche Krankenhausgesellschaft gepflegten Transparenzregisters hinsichtlich der Trägerstrukturen und wirtschaftlich Berechtigten von medizinischen Versorgungszentren sowie die erneute Prüfung der Zulassung von MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung im Falle, dass sich die Trägerstruktur, Gesellschaftsform oder wirtschaftliche Berechtigung ändert.
SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider hebt die Aktualität und Dringlichkeit des Problems hervor: „Uns liegen Berichte und aktuelle Akquise-Anschreiben zum Erwerb von Praxen vor, die nicht nur die sogenannten diagnostischen Fachgruppen betreffen. Wir werden auch mit Akquise-Bestrebungen in der (fach-)ärztlichen Grundversorgung konfrontiert wie z.B. der Orthopädie aber auch der Allgemeinmedizin. Diese Schreiben erreichen täglich zig Fachärztinnen und Fachärzte und ermutigen diese, Ihre Praxissitze zu verkaufen. Damit wird die Gefahr, die von Kapitalinvestoren im Gesundheitswesen ausgeht, für viele Fachärztinnen und Fachärzte sowie die zukünftige Patientenversorgung zur konkreten Bedrohung. Hier muss der Gesetzgeber dringend handeln!“
Gerade eine Woche ist es her, seitdem der Bundesrat gebilligt hat, dass Grippeschutzimpfungen künftig in Apotheken angeboten werden dürfen. Nun wurde per Schiedsspruch zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband ein Paket an Dienstleistungen festgelegt. Darin ebenfalls enthalten: urärztliche Aufgaben.
Hierzu der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich: „Es ist bemerkenswert, dass ein Schiedsgericht den Betrag für eine Medikations-Erstberatung auf 90 Euro veranschlagt. Damit bekommen Apothekerinnen und Apotheker nun einen Betrag für eine Beratungsleistung, für welche Ärztinnen und Ärzte in der medizinischen Grundversorgung sonst vierteljährlich mit einem Bruchteil davon pauschal pro Patientin oder Patient entlohnt werden. Die Fachärzteschaft betrachtet dies definitiv als Signal und Marschrichtung für die kommenden Honorarverhandlungen.“ So seien beispielsweise auch die im pharmazeutischen Dienstleistungspaket veranschlagten 11,20 Euro für eine Blutdruckmessung zu betrachten.
Dr. Norbert Smetak, Mitglied des SpiFa-Vorstandes ergänzt: „Das ist ein Schlag ins Gesicht. Deutlicher kann man seine Geringschätzung der Qualifikation und Leistungen von Ärztinnen und Ärzten nicht ausdrücken. Dabei sind gerade sie das Rückgrat unseres Gesundheitssystems, immer bereit und auch über das gewohnte Maß hinaus, wie die Pandemie deutlich gezeigt hat. Zu behaupten, diese Entscheidung geschehe zum Patientenwohl ist Irrsinn. Mit dieser Regelung wird weder eine Versorgungslücke geschlossen noch Versorgung nachhaltig verbessert. Stattdessen wird Patientinnen und Patienten signalisiert, dass man für eine persönliche, vollumfängliche Medikationsberatung weder Medizin studiert, noch jahrelange fachliche Erfahrung gesammelt haben muss.“
Vorstandsvorsitzender SpiFa
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Stv. 3. Vorstandsvorsitzender SpiFa
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Hauptgeschäftsführer SpiFa
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Vorstandsvorsitzender SpiFa
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Stv. 3. Vorstandsvorsitzender SpiFa
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Mitglied des Vorstandes SpiFa
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Hauptgeschäftsführer SpiFa
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