„Eine vorwiegend ausgabenorientierte Gesundheitspolitik ist keine solide Grundlage für ein nachhaltiges und resilientes Gesundheitswesen. Wir brauchen strukturelle Reformen anstatt Empfehlungen seitens der Bundesregierung“, so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa. „Mit einer reinen Politik nach Haushaltslage zementiert sie den Zustand unseres Gesundheitswesens, anstatt Probleme und Missstände aufzulösen. Reformen kosten Geld. Sie brauchen Mut, Gestaltungswillen und stabile Ansätze zur Finanzierung. Die Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands erwarten, dass die Ampelkoalition diese bald liefert.“
Der stellvertretende 2. Vorsitzende des SpiFa Dr. Helmut Weinhart ergänzt: „Reformvorhaben finden sich genug im Koalitionsvertrag der Ampelparteien. Jetzt wird es aber Zeit, diese auch anzugehen und mit Leben zu füllen. So beispielsweise die sektorenverbindende Versorgung.“ Die von der Bundesregierung angestrebte Einführung einer neuen DRG-Hybridform könnte ein adäquates Mittel sein, Abschottung der Sektorengrenzen durch sektorenverbindende Versorgungsstrukturen endlich zu überwinden und die Fragen des Leistungsrechts, des Leistungskataloges oder der Vergütung obsolet zu machen. „Dass immer noch zu viele medizinische Leistungen stationär erbracht werden, weiß auch die Gesundheitspolitik. Jetzt heißt es handeln. Vom Vorantreiben der Ambulantisierung der Medizin profitieren dann auch die GKV-Finanzen. So funktioniert ‚Stabilisierung‘“, so Weinhart weiter.
Ein Konzept dafür, wie die Worthülse „Hybrid-DRG“ ausgestaltet werden könnte, hat der SpiFa bereits 2019 vorgelegt. Das „Konzept zur Struktur und Vergütung ärztlich intersektoraler Leistungen“ ist zeitnah umsetzbar und erfährt nicht nur seitens der Fachärzteschaft breite Akzeptanz. Hierzu Vorstandsmitglied Jörg Karst: „Wer zügig und zeitnah eine gute Patientenversorgung an der Schnittstelle ambulant-stationär umsetzen möchte, hat mit diesem Konzept alle notwendigen Bausteine zur Hand. Jegliches Zögern der Bundesregierung wird allerdings wie bisher eine Reform verhindern und damit auch weitere damit einhergehende Reformvorhaben ausbremsen.“
Das Konzept ist beim SpiFa erhältlich und online abrufbar unter spifa.de/positionen .
Auf den letzten Metern hat sich die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf Änderungen am GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) geeinigt. Die sogenannte Neupatientenregelung in der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung wird mit Wirkung zum 1. Januar 2023 gestrichen, die offene Sprechstunde wird budgetiert. Zugleich setzt die Ampelkoalition Anreize für Ärztinnen und Ärzte für eine schnellere Terminvergabe zu Fachärztinnen und Fachärzten über die Hausärztinnen und Hausärzte oder die Terminservicestelle, an die sich Versicherte wenden können, die keinen entsprechenden Termin erhalten.
„Dieses Gesetz löst keine Probleme. Es mag die Finanzlage der Krankenkassen im kommenden Jahr stabilisieren, das Gesundheitswesen selbst hingegen wird geschwächt,“ so der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich. „Mit diesem Gesetz lässt die Bundesregierung die entscheidenden Fragestellungen offen und ausnahmslos alle Akteure des Gesundheitswesens im Regen stehen. Dabei wünschen sich alle Beteiligten eine nachhaltig stabile Finanzierung, nicht zuletzt auch die Beitragszahlenden selbst.“
Im Zuge der Diskussion um den Wegfall der Neupatientenregelung ist im Kern deutlich geworden: eine Budgetierung ärztlicher Leistungen ist nicht zielführend. Sie ist nicht gerecht, sie benachteiligt vor allem Berufsgruppen in der fachärztlichen Grundversorgung und sie mündet letztendlich in einer schlechteren Versorgung von Patienten. Sie schreckt junge Ärztinnen und Ärzte vor der Niederlassung ab und bewegt Ärztinnen und Ärzte der älteren Generation, ihre Praxen nicht mehr übers Rentenalter hinaus weiter zu betreiben. Dabei werden niedergelassene Ärztinnen und Ärzte überall dringend gebraucht. Auf die Betroffenheit in der Gesundheitsversorgung und die Fehlentscheidungen im Gesetz hatten der SpiFa und seine Mitglieder in der Kampagne #WartenBisDerArztKommt deutlich hingewiesen. „Die Ampelkoalition hat sich in Ihrem Koalitionspapier auf den Einstieg in den Ausstieg aus der Budgetierung verständigt und plant das Ende der Budgetierung im hausärztlichen Versorgungsbereich. Es ist Zeit, dies zügig anzugehen und damit ein deutliches Signal an die Ärztinnen und Ärzte zu senden,“ so Heinrich weiter.
Auch SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider wendet den Blick nach vorne: „Die bisherigen Vorhaben und Maßnahmen seitens der Gesundheitspolitik und des Ministers haben dem Gesundheitssystem nachhaltig geschadet und das Vertrauen der Ärztinnen und Ärzte, aber auch der weiteren Leistungserbringer in die Gesundheitspolitik der Bundesregierung destabilisiert. Es ist jetzt Aufgabe dieser Regierung, dieses Vertrauen wieder herzustellen und eine Basis für ein konstruktives Miteinander aller Akteure im Gesundheitswesen herzustellen. Ohne Letzteres werden kommende Reformen nicht gelingen können.“
Die aufwendigere Behandlung von Neupatienten außerhalb des Budgets zu vergüten, war ein wichtiges Signal als Einstieg in die Entbudgetierung der Leistungen der Ärztinnen und Ärzte. Entsprechend groß ist die Verärgerung seitens der Fachärzteschaft über die geplante Streichung dieser Regelung. SpiFa-Vorstandsvorsitzender Dr. med. Dirk Heinrich moniert dabei, dass mit der geplanten Streichung insbesondere die Facharztgruppen getroffen werden, die bereits am stärksten unter der Budgetierung leiden.
„Betrachtet man die Auszahlungsquoten über die Fachgruppen hinweg, so wird schnell deutlich, dass die in der fachärztlichen Grundversorgung tätigen Fachgruppen besonders betroffen sind: Orthopäden, Urologen, Frauenärzte, Internisten oder beispielsweise auch HNO-Ärzte“, so Heinrich. „Für diese Arztgruppen ist die Neupatientenregelung bisher zumindest eine Möglichkeit, eine fachärztliche Grundversorgung zu gestalten. Jetzt sollen diese positiven Akzente wieder verschlechtert werden und das trifft ausgerechnet diejenigen, die sowieso schon benachteiligt sind. Dies sind übrigens dieselben Fachgruppen, die im Rahmen des TSVG verpflichtet wurden, zusätzlich offene Sprechstunden anzubieten, was laut Bundesregierung auch so bleiben soll.“
Innerhalb dieser Gruppen gibt es zudem deutliche regionale Unterschiede: die Auszahlungsquoten sind zum Beispiel in Niedersachsen, NRW, Berlin, Thüringen oder dem Saarland besonders gering, entsprechend sinnvoll die Neupatientenregelung. „Effektiv wird die Streichung nur rund ein Drittel der 183.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeuten betreffen. Die werden die mit der geplanten Streichung der Regelung verbundene Zeche bezahlen müssen. Das ist ungerecht, eine gleichmäßige Verteilung auf die Schultern aller Ärztinnen und Ärzte erreicht die Bundesregierung damit sicher nicht!“
Nach Ansicht des SpiFa befeuert das Gesetzesvorhaben den schon bestehenden Ärztemangel, denn die Niederlassung wird immer unattraktiver. Viele ältere Ärztinnen und Ärzte sind immer weniger bereit, über das gewohnte Ruhestandsalter hinaus ihre Praxen zu betreiben und es droht eine Ruhestandswelle. Nachfolger für die Praxen sind kaum zu finden. „Diese Situation wird sich noch verschlimmern und es ist der falsche Zeitpunkt, den wichtigen Schritt in Richtung Entbudgetierung durch die TSVG-Neupatientenregelung wieder zurückzunehmen. Es sei denn man ist der Überzeugung, Deutschlands Gesundheitsversorgung brauche keine ambulanten Strukturen“, so Heinrich weiter.
Anlässlich der Anhörung des Ausschusses für Gesundheit (AfG) am heutigen Tage zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz informiert der SpiFa mit seinen Mitgliedsverbänden die Politik und Öffentlichkeit im Rahmen seiner Kampagne #WartenBisDerArztKommt. Alle Informationen hierzu unter: www.WartenBisDerArztKommt.de
Als Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit beschreibt sich die Ampelkoalition in Ihrem Koalitionsvertrag. Von diesen Grundwerten ist in der Planung der politischen Gesetzgebung für die Gesundheitsversorgung in der letzten Zeit wenig zu spüren. Zum einen werden die Beiträge für die Versicherten steigen, zum anderen drohen den Versicherten Leistungskürzungen in Form von weniger Sprechstundenzeit, langen Wartezeiten auf einen Termin und eine erschwerte Terminfindung als Neupatient.
Dr. med. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), erwartet, dass bei einer Streichung der TSVG-Neupatientenregelung besonders Praxen in sozialen Brennpunkten und prekären Stadtteilen betroffen sein werden. „In diesen Stadtteilen gibt es besonders hohe Raten des Weg- bzw. Zuzugs, entsprechend hoch ist dort der Anteil an Neupatienten. Dies kann auch beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung eindrucksvoll mit Zahlen belegen,“ so Heinrich. Außerdem gebe es in diesen Stadtteilen kaum Privatpatientenanteile oder Selbstzahler, mit denen sich Fehlbeträge im Budget ausgleichen lassen könnten. „Damit träfe eine Streichung der Neupatientenregelung genau die Ärztinnen und Ärzte, die bereits weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen haben und die Versorgung der Ärmsten der deutschen Bevölkerung übernehmen,“ so Heinrich weiter. „Das ist weder gerecht noch nachhaltig und wir erwarten, dass die Abgeordneten im Parlament hier ein deutliches Zeichen setzen und der Streichung der Neupatientenregelung auch im Sinne einer sozialen Verantwortung eine Absage erteilen!“
Die Länder hatten bereits in der vergangenen Woche ihr Votum abgegeben und sich eindeutig gegen eine Streichung der Neupatientenregelung aus dem TSVG ausgesprochen. Nun sind die Abgeordneten im Bundestag gefragt, sich mit den Auswirkungen des geplanten Gesetzes zu beschäftigen und dabei auch einen Blick auf die Patientenversorgung in Ihrem Wahlkreis zu werfen.
Dazu der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich: „Niemand, wirklich niemand, kann die Rücknahme der TSVG-Neupatientenregelung ernsthaft wollen. Damit wird die fachärztliche Grundversorgung getroffen, gerade auch an sozial benachteiligten Standorten. Diese Regelung hat Ärztinnen und Ärzte darin bestärkt, Ihre Versorgung auszuweiten und dafür in Praxen und Infrastruktur zu investieren. Dass sich das gelohnt hat, belegen die aktuellen Zahlen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) eindeutig.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, bestreitet weiterhin die positiven Effekte der Neupatientenregelung und beruft sich dabei auf Berechnungen im eigenen Hause, welche aber nicht offengelegt sind. In Anbetracht des derzeitigen Skandals um die Veröffentlichung falscher Hospitalisierungsquoten im Rahmen einer Impfkampagne des BMG stellt sich für den SpiFa allerdings die Frage, wieviel Glauben man den eigenen Berechnungen des BMG schenken darf. Heinrich hierzu weiter: „Die Behauptungen von Herrn Lauterbach zu den Auswirkungen der Neupatientenregelung entbehren jeder Faktengrundlage, die Argumentation ist vollkommen haltlos und intransparent. Die erhobenen Daten des ZI basieren hingegen auf realen Patientendaten und sprechen eine ganz andere Sprache, die auch jeder Abgeordnete im Bundestag versteht.“
Aus den Zahlen des ZI geht insbesondere hervor, dass seit Einführung der Regelung zum einen der Anteil an Neupatienten in den Praxen signifikant gestiegen ist, zum anderen es sich bei diesen Neupatienten überwiegend um Neuerkrankte handelt. „Die Zahlen sprechen für sich und zeigen deutlich, dass vor allem Neuerkrankte, die eine zeitnahe medizinische Behandlung benötigen, von der Regelung profitiert haben. Wer also ernsthaft an einer guten ärztlichen Versorgung für Patienten interessiert ist, kann nicht für eine Abschaffung dieser Regelung votieren,“ so Heinrich weiter.
Um das Gesundheitswesen der Zukunft auch für die kommenden 30 Jahre nachhaltig und sattelfest auszurichten und auszugestalten, ist der Austausch zwischen Selbstverwaltung, Politik und den betroffenen Fachärztinnen und Fachärzten zwingend notwendig. Auch bzw. gerade die aktuellen Reformvorhaben der Ampelkoalition im Gesundheitswesen machen deutlich: Eine starke, gemeinsame Interessenvertretung für Fachärztinnen und Fachärzte in Deutschlands ist wichtiger denn je.
Dr. med. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa, erläutert: „Gesundheitspolitik am Reißbrett zu entwerfen und zu organisieren, ohne die beteiligten Akteure mit ihrer Expertise einzubeziehen, ist ein Irrweg und führt sicher nicht zu wegweisenden Problemlösungen!“ Damit weist Heinrich deutlich auf das vom Kabinett beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, die BMG-Eckpunkte um Gesundheitskioske in benachteiligten Regionen und Stadtteilen, aber auch die Vorhaben bezüglich der notwendigen Reformen an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung oder Digitalisierung hin. Heinrich weiter: „Gerade in diesen Zeiten, wo Gesundheitspolitik nach Haushaltslage und nicht nach Sachverstand gemacht wird, ist es umso wichtiger, dass wir als Interessensvertretung umso lauter werden. Dem entsprechend freuen wir uns sehr, den Verband Deutsche Nierenzentren e.V. im Kreise des SpiFa als neues Mitglied begrüßen zu dürfen.“
Dr. med. Michael Daschner, Vorstandsvorsitzender des DN e.V. freut sich über die einstimmig beschlossene Aufnahme seines Verbandes: „Wir freuen uns, mit anderen Fachärztinnen und Fachärzten im SpiFa etwas zu bewegen, getreu unserem eigenen Verbandsmotto: Gemeinsam mehr erreichen!“
„Die Länder haben gesprochen,“ so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa. „Hier zeigt sich deutlich, dass die Länder die Probleme in der Gesundheitsversorgung verstanden haben und ernst nehmen. Jetzt sind der Bundesminister, die Bundesregierung und das Parlament gefragt. Wir erwarten, dass die Abgeordneten das Votum der Länder als deutliches Signal betrachten und in diesem Zuge nicht daran vorbei entscheiden.“
Die mit dem Gesetz einhergehenden geplanten Leistungskürzungen für Patienten werden schnell zu spüren sein. So werden sich Patienten auf längere Wartezeiten für einen Facharzttermin einstellen müssen oder verschlossene Türen vorfinden, da viele Praxen keine neuen Patienten mehr aufnehmen können. „Das kann niemand ernsthaft für seinen Wahlkreis wollen,“ so Heinrich weiter.
Für SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider bestärkt die Stellungnahme des Bundesrates indes, dass die derzeit vom SpiFa und seinen Mitgliedsverbänden geführte patientenzentrierten Aufklärungskampagne #WartenBisDerArztKommt auf dem richtigen Pfad ist. Schneider hierzu: „Unsere Kampagne hat gerade erst begonnen und entfaltet sich zunehmend. Wir fühlen uns von den Landesvertretern verstanden und werten diese Stellungnahme als deutliches Signal, dass wir mit unseren Kampagnenaktivitäten und unserem Protest gegen die Abschaffung der TSVG-Neupatientenregelung auf dem richtigen Weg sind.“
Informationen zur Kampagne finden sich unter: www.WartenBisDerArztKommt.de
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